Die aktuelle Diskussion um die Sicherheit und Umweltverträglichkeit von Fahrzeugen in der EU hat eine neue Dynamik erhalten. Während in Deutschland heute noch die Hauptuntersuchung (HU) alle zwei Jahre für die meisten PKW verpflichtend ist, plant die EU-Kommission tiefgreifende Reformen. Diese könnten insbesondere Besitzer älterer Autos vor neue Herausforderungen stellen – von häufigeren Inspektionen bis hin zu digitalen Neuerungen.
Inhaltsverzeichnis
ToggleDie aktuelle Regelung: So läuft die HU heute
Aktuell gilt für PKW der Klasse M1 (Personenkraftwagen) in Deutschland:
- Erstinspektion: 36 Monate nach Erstzulassung.
- Folgeinspektionen: Alle 24 Monate.
- Prüfplakette: Die farbige Plakette am Kennzeichen zeigt das Fälligkeitsdatum an (z. B. grün für 2024, orange für 2025).
Ausnahmen gelten für gewerbliche Fahrzeuge wie Taxis, LKW über 3,5 Tonnen und Busse, die bereits heute jährlich überprüft werden müssen. Doch die EU will diese Praxis auf private Fahrzeuge ausweiten – mit weitreichenden Folgen.
Vorab ein kurzer Vergleich, wie sich die aktuelle Regulatorik in verschiedenen europäischen Ländern unterscheidet:
Vergleich: HU-Regeln in Europa
Land | HU-Intervall (ältere Autos) | Besonderheiten |
---|---|---|
Deutschland | Alle 24 Monate | Keine Altersgrenze |
Belgien | Jährlich ab 5 Jahren | Strengere Abgasprüfungen |
Luxemburg | Jährlich ab 7 Jahren | Integrierte Lärm- und Abgastests |
Portugal | Jährlich ab 4 Jahren | Zusätzliche Lärmmessungen |
Frankreich | Jährlich ab 4 Jahren | Umweltplakettenpflicht in Städten |
Der EU-Vorschlag: Jährliche Pflichtinspektionen und digitale Zertifikate
Die am 24. April 2025 vorgestellten Pläne der EU-Kommission zielen darauf ab, die Zahl der Verkehrstoten zu reduzieren und Emissionen zu begrenzen.
- Betroffene Fahrzeuge: Alle Pkw und Kleintransporter ab 10 Jahren .
- Ziel: Reduzierung der Verkehrstoten um 1 % pro Jahr – das entspräche etwa 7.000 geretteten Leben und 65.000 vermiedenen Schwerverletzungen bis 2030 .
- Begründung: Ältere Fahrzeuge sind häufiger in Unfälle verwickelt, stoßen mehr Schadstoffe aus und haben ein höheres Pannenrisiko .
Kernpunkte
- Jährliche HU für ältere Fahrzeuge
- Betroffen: PKW und Transporter, die älter als 10 Jahre sind.
- Begründung: Höheres Unfall- und Emissionsrisiko.
- Neue Testverfahren für moderne Technologien
- Elektroautos: Batteriesysteme und Ladetechnik werden geprüft.
- Assistenzsysteme: Tests für Notbremsassistent, Spurhaltewarner etc.
- Abgastests: Strengere Kontrolle von Feinstaub und NOₓ mittels neuer Messtechniken.
- Digitalisierung der Prozesse
- E-Zertifikate: Ersatz von Papierplaketten durch digitale Nachweise.
- Odometer-Betrug: EU-weite Datenbank zur Kilometerstandserfassung.
- Grenzüberschreitende Anerkennung: HU-Berichte gelten mindestens sechs Monate europaweit.
Was bedeutet das konkret für Autobesitzer?
Bereich | Aktuell | Zukünftig (EU-Vorschlag) |
---|---|---|
Testintervall | Alle 2 Jahre | Jährlich ab 10 Jahren |
Kosten | 100–150 € pro HU | Höhere Ausgaben durch häufigere Tests |
Dokumentation | Physische Plakette + Papier | Digitale Zertifikate |
- Mehr Vorbereitungsaufwand für Halter
- Checklisten-Apps zur Selbstprüfung (Beleuchtung, Reifenprofil).
- Werkstatt-HU-Pakete.
- Strengere Kontrolle von Nachrüstungen
- Genehmigungspflicht für Software-Updates an Assistenzsystemen.
- Häufigere Begutachtung von Retrofit-Lösungen (E-Antrieb, Partikelfilter).
- Umweltzonen 2.0
- Automatische Übermittlung der HU-Ergebnisse an Umweltbehörden.
- Nachrüstpflicht bei Überschreitung von Schadstoffwerten.
Kritik und offene Fragen
- Kostenbelastung: Einkommensschwache Haushalte mit älteren Autos sind stärker betroffen.
- Praktische Umsetzung: Kapazitätsfrage bei TÜV, Dekra & Co.
- Datenschutz: EU-weite Vernetzung wirft Missbrauchsrisiken auf .
Fazit: Ein System im Wandel
Die geplanten Änderungen markieren einen Paradigmenwechsel – weg von der reinen Sicherheitskontrolle hin zu einem integrierten System für Sicherheit, Umweltschutz und Digitalisierung. Während die EU mit jährlichen Inspektionen und strengeren Tests die Unfallzahlen senken will, müssen gleichzeitig praktikable Lösungen für Millionen Fahrzeughalter gefunden werden. Die Ära der einfachen Prüfplakette neigt sich dem Ende zu.
Hinweis: Die EU-Vorschläge müssen noch vom Europäischen Parlament und dem Rat gebilligt werden. Eine endgültige Entscheidung wird frühestens 2026 erwartet.